Gerade darum

In Neukölln steht die große Uhr am Rathaus auf sechs, in den Straßen ringsum bereiten sich die Barbetreiber auf den alltäglichen Ansturm vor, denn selbst an einem Mittwochabend wird hier in ein paar Stunden alles voll sein: Kneipen, Spätis, Shishabars. Mittendrin befindet sich in einem Erdgeschoss das jüdische Gemeindezentrum Hillel.

Eine junge Frau zündet Kerzen an, legt auf jeden Platz einen Text, über den sie gleich in der Gruppe sprechen möchte. Die Wände sind bemalt, die Einrichtung ist zusammengewürfelt wie in einem Jugendzentrum. Heute Abend findet eine Midrasch statt, so heißt es im Judentum, wenn über religiöse Texte gesprochen wird. Die Gruppe ist klein und besteht fast ausschließlich aus jungen Frauen. Das Thema heute ist schwierig, denn es geht um die Frage: Wo war Gott, als der Holocaust passierte?

Ein Treffpunkt in diverser Nachbarschaft

Treffpunkte außerhalb von Synagogen, wo junge Jüdinnen und Juden zusammenkommen, um sich solche Fragen zu stellen und neue Zugänge zum Glauben zu finden, sind selten. In den letzten Monaten und Jahren gab es immer wieder Berichte über antisemitische Übergriffe. Der Zentralrat der Juden spricht schon seit einer Weile von „Problemvierteln“ in Berlin, gerade wenn dort viele Menschen islamischen Glaubens leben wie in der Sonnenallee oder der Karl-Marx-Straße.

Warum also ausgerechnet hier ein jüdisches Zentrum gründen? „Hier leben viele junge Menschen“, sagt die Rabbinerin Rebecca Blady, die aus den USA stammt und den Hillel-Standort in Berlin gemeinsam mit ihrem Mann Jeremy gründete. „Es gibt viele Möglichkeiten, eine sehr diverse Nachbarschaft und viele Menschen mit Migrationserfahrung.“

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