Taiwans schwierige Geschichte

Taiwans Vergangenheit ist komplex und bis heute fehlt die Aufarbeitung der Diktatur unter General Chiang Kai-shek (1887 – 1975). Die Verbrechen seiner Einparteien-Diktatur werden bis heute nur widerwillig diskutiert.

Seit Ende der 1980er hat sich das Land zu einer der fortschrittlichsten Demokratien Asiens entwickelt: Es wird angeführt von einer Präsidentin, ist das erste Land Asiens mit gesetzlich verankerter Ehe für alle und hat eine vorbildliche Gesundheitsversorgung. So erscheint Taiwan wie ein Leuchtturm für demokratische Werte. Doch die junge Demokratie wird bedroht. 

Chiang Kai-shek, chinesischer General und Führer der Kuomintang (KMT), verlor 1949 den Bürgerkrieg gegen die Kommunistische Partei und floh auf die Insel Taiwan. Fast zwei Millionen Menschen kamen mit ihm.

Zuvor hatte Taiwan 50 Jahre lang unter japanischer Kolonialherrschaft gestanden. Das japanische Kaiserreich sah Taiwan als eine erfolgreiche Modellkolonie, in der die Bevölkerung unter Einsatz von Gewalt zur Annahme der japanischen Sprache und Kultur gezwungen wurde. Nach der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg fiel Taiwan an China. 

„Als Chiang Kai-shek nach Taiwan kam, sah er keine Landsleute, sondern umzuerziehende, japanisierte Taiwaner, die wieder zu Chinesen gemacht werden sollten, und zwar mit Gewalt“, so Jhy-Wey Shieh, Taiwans Repräsentant in Deutschland. Schnell wuchs bei den Taiwanern die Unzufriedenheit mit der KMT, unter der die Inflation stieg und die Korruption zunahm. Obwohl das Verhältnis von Festlandchinesen zu Taiwanern 1:3 betrug, waren Festländer Generäle und Taiwaner Untertanen, sagt Shieh. Sprachliche Differenzen – Hochchinesisch bei den Festländern und Japanisch bei den Taiwanern – heizten das Misstrauen zusätzlich an. 

SWR2: Taiwans schwierige Geschichte – Von der Diktatur zur Demokratie

Von Lena Fiedler
Sendung vom: Freitag, 9. Juni 2023, 08.30 Uhr
Redaktion: Martin Gramlich
Regie: Felicitas Ott
Produktion: SWR 2023