Die Insel Taiwan ist eine ebenso junge wie umkämpfte Demokratie in Asien. Sie ist historisch geprägt von Kolonialherrschaft, Diktatur und neuer Freiheit. Hier mischt sich das japanische Erbe mit chinesischem Brauchtum und den Traditionen der Indigenen. Doch der politische Status Taiwans ist umstritten. Die Volksrepublik China erhebt Anspruch auf die Insel und versucht, eine Vereinigung mit militärischem Druck durchzusetzen. Der Konflikt eskalierte, als Nancy Pelosi, die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Taiwan im August besuchte.
Seitdem diskutieren in Taiwan vor allem junge Menschen über die Zukunft. Wollen sie eine Annäherung an Festlandchina oder streben sie nach Unabhängigkeit? Was denken junge Taiwaner:innen über ihre eigene Identität und wie gehen sie mit der Generation ihrer Eltern um?
„Mein Onkel sagte, alle Demonstrant:innen sollten gehängt werden“
Hsieh Yung-Cheng, 27 Jahre alt, Medienkünstler
Als ich klein war, hat mein Vater mir immer gesagt, ich sei chinesisch. Das war damals so üblich. Es gab eine kollektive Identität. Wir haben chinesische Kultur und chinesische Tugenden vermittelt bekommen, zum Beispiel unsere Eltern und ihre Autorität ungefragt zu respektieren. Mein Vater ist stolz, Chinese zu sein und glaubt, China könnte von der Kommunistischen Partei befreit werden und dann gemeinsam mit Taiwan ein vereinigtes China bilden. Auch in der Schule wurde der Generation meiner Eltern erzählt, dass wir eines Tages wieder zu Festlandchina gehören würden. So etwas wie eine taiwanesische Identität gab es damals noch nicht.
Die Familie meines Vaters lebt seit Jahrhunderten in Taiwan. Er kann seinen Stammbaum bis zur Ming-Dynastie zurückverfolgen, lange bevor die Japaner Taiwan kolonisiert haben. Es ist nicht so, dass ich stolz darauf wäre, Taiwaner zu sein, denn in der Vergangenheit wurden viele Menschen diskriminiert oder umgebracht, weil sie nicht die „richtige“ Abstammung hatten. Wenn überhaupt sollten Indigene das Recht haben, sich als ursprünglich taiwanesisch zu verstehen. Aber es ist historisch interessant für mich, denn es gibt nicht viele Familien, deren Geschichte auf der Insel so lange zurückreicht. Während der japanischen Kolonialzeit haben einige Menschen ihren Familienstammbaum geändert, um einen Job zu bekommen. Einige von ihnen wurden vertrieben oder sogar getötet.
2014 haben Studierende das Parlament besetzt. Die Proteste wurden im Nachhinein Sonnenblumenproteste genannt. Auslöser war ein mit China verabschiedetes Abkommen, das die Verbindungen zwischen den beiden Ländern noch weiter vertiefen sollte. Viele waren dagegen, weil sie fürchteten, dass es Taiwans nationale Sicherheit untergraben würde. Außerdem wollte die KMT es sehr schnell und unter Missachtung der parlamentarischen Abläufe durchwinken. Das hat viele Menschen wütend gemacht. Es war auch für mich eine intensive Zeit. Ich hatte gerade begonnen zu studieren und schloss mich der Bewegung an. Ich wollte für unsere Rechte auf die Straße gehen. Aber meine Familie sah das anders. Mein Onkel sagte, alle Demonstrant:innen sollten gehängt werden, weil wir das Gesetz gebrochen haben.
Die Insel Taiwan ist eine ebenso junge wie umkämpfte Demokratie in Asien. Sie ist historisch geprägt von Kolonialherrschaft, Diktatur und neuer Freiheit. Hier mischt sich das japanische Erbe mit chinesischem Brauchtum und den Traditionen der Indigenen. Doch der politische Status Taiwans ist umstritten. Die Volksrepublik China erhebt Anspruch auf die Insel und versucht, eine Vereinigung mit militärischem Druck durchzusetzen. Der Konflikt eskalierte, als Nancy Pelosi, die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Taiwan im August besuchte.
Seitdem diskutieren in Taiwan vor allem junge Menschen über die Zukunft. Wollen sie eine Annäherung an Festlandchina oder streben sie nach Unabhängigkeit? Was denken junge Taiwaner:innen über ihre eigene Identität und wie gehen sie mit der Generation ihrer Eltern um?
„Mein Onkel sagte, alle Demonstrant:innen sollten gehängt werden“
Hsieh Yung-Cheng, 27 Jahre alt, Medienkünstler
Als ich klein war, hat mein Vater mir immer gesagt, ich sei chinesisch. Das war damals so üblich. Es gab eine kollektive Identität. Wir haben chinesische Kultur und chinesische Tugenden vermittelt bekommen, zum Beispiel unsere Eltern und ihre Autorität ungefragt zu respektieren. Mein Vater ist stolz, Chinese zu sein und glaubt, China könnte von der Kommunistischen Partei befreit werden und dann gemeinsam mit Taiwan ein vereinigtes China bilden. Auch in der Schule wurde der Generation meiner Eltern erzählt, dass wir eines Tages wieder zu Festlandchina gehören würden. So etwas wie eine taiwanesische Identität gab es damals noch nicht.
Die Familie meines Vaters lebt seit Jahrhunderten in Taiwan. Er kann seinen Stammbaum bis zur Ming-Dynastie zurückverfolgen, lange bevor die Japaner Taiwan kolonisiert haben. Es ist nicht so, dass ich stolz darauf wäre, Taiwaner zu sein, denn in der Vergangenheit wurden viele Menschen diskriminiert oder umgebracht, weil sie nicht die „richtige“ Abstammung hatten. Wenn überhaupt sollten Indigene das Recht haben, sich als ursprünglich taiwanesisch zu verstehen. Aber es ist historisch interessant für mich, denn es gibt nicht viele Familien, deren Geschichte auf der Insel so lange zurückreicht. Während der japanischen Kolonialzeit haben einige Menschen ihren Familienstammbaum geändert, um einen Job zu bekommen. Einige von ihnen wurden vertrieben oder sogar getötet.
2014 haben Studierende das Parlament besetzt. Die Proteste wurden im Nachhinein Sonnenblumenproteste genannt. Auslöser war ein mit China verabschiedetes Abkommen, das die Verbindungen zwischen den beiden Ländern noch weiter vertiefen sollte. Viele waren dagegen, weil sie fürchteten, dass es Taiwans nationale Sicherheit untergraben würde. Außerdem wollte die KMT es sehr schnell und unter Missachtung der parlamentarischen Abläufe durchwinken. Das hat viele Menschen wütend gemacht. Es war auch für mich eine intensive Zeit. Ich hatte gerade begonnen zu studieren und schloss mich der Bewegung an. Ich wollte für unsere Rechte auf die Straße gehen. Aber meine Familie sah das anders. Mein Onkel sagte, alle Demonstrant:innen sollten gehängt werden, weil wir das Gesetz gebrochen haben.
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