Es kann ja nicht immer nur Kraftklub spielen

Die Brückenstraße in Chemnitz ist komplett gesperrt. Ein Lkw verstellt die achtspurige Fahrbahn kurz hinter dem Karl-Marx-Monument, dem Nischel, wie sie hier sagen. Unter Marx‘ Vollbart haben die Veranstalter das Programm des Kosmos Chemnitz befestigt. Ein junges Paar mustert den Zeitplan: „Wann spielt Grönemeyer?“, fragt sie. „Bin nicht so heiß auf den“, antwortet er. Sie gehen weiter. An der Absperrung zur großen Bühne sind ein paar Jugendliche dabei, sich Mixgetränke in Plastikflaschen umzufüllen, weil Glasflaschen nicht erlaubt sind. Sie kennen das von anderen Festivals.

Nach dem Tod von Daniel H. als Folge einer Messerstecherei hatte es vergangenes Jahr rechtsradikale Ausschreitungen in Chemnitz gegeben. Rechte marschierten tagelang durch die Stadt, es gab Übergriffe auf Migranten. Als ein Zeichen gegen die Gewalt von Rechts rief die Chemnitzer Band Kraftklub mit Freunden das Konzert #wirsindmehr aus. Aus ganz Deutschland kamen 65.000 Menschen. Gestern fand das Konzert erneut statt, nur größer, organisierter und dieses Mal unter dem Namen Kosmos Chemnitz. Unter dem Motto #wirbleibenmehr versammelten sich 50.000. Neben Konzerten von Herbert Grönemeyer , Alligatoah und Tocotronic gab es Workshops, Diskussionen und Ausstellungen. Außerdem Schmuckstände, T-Shirts, Spielkram: Nachdem das Stadtfest Chemnitz kurzfristig abgesagt wurde, freuen sich die Standbesitzerinnen und Standbetreiber auf die Gelegenheit, ihre Produkte zu verkaufen.

Mittags ist es noch sehr ruhig in der Stadt. Im Eiscafé Valentino am Neumarkt sitzen ältere Herrschaften vor Eisbechern, viele Konzertbesucher sind noch nicht angereist. Für die meisten aus Chemnitz ist es um diese Zeit ein normaler Arbeitstag. Im Gegensatz zum Konzert im letzten Jahr sieht man Getränkestände und Rostbratwurststände in der Innenstadt, noch sind sie nicht bestückt für den Abend. 

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