Mehr Wut wagen

Was weiß man als satter Mensch mit Durchschnittseinkommen schon von denen, die nicht arbeiten, den Mittellosen? Manch einer vermutet sie in den Plattenbauten an den Rändern deutscher Städte oder auf der anderen Seite des Parks, aber begegnen tut man ihnen selten. Wie auch: Arbeitslose sind vom Konsum, der einen Großteil unseres gesellschaftlichen Lebens prägt, weitgehend ausgeschlossen, genauso wie aus den sozialen Kreisen, die Erwerbstätige aufbauen. Wer deshalb glaubt, mit den Arbeitslosen in Deutschland nichts zu tun zu haben, den klärt Anna Mayr mit ihrem Buch „Die Elenden“ unsanft auf. Denn die Journalistin versteht Arbeitslosigkeit nicht als individuelles Schicksal der „Leistungsschwachen“, sondern als gesellschaftlichen Mechanismus. Die arbeitende Gesellschaft, so Mayr, verachte die Arbeitslosen, aber brauche sie auch. Arbeitslosigkeit sei also eigentlich erwünscht.

Argumente für diese provokante These nennt Mayr einige. Der Kapitalismus brauche die Arbeitslosen als Ressource, um Arbeit billiger kaufen zu können. Nach dem Motto: Je verzweifelter Menschen Jobs brauchen, desto schlechtere Arbeitsbedingungen akzeptieren sie. Außerdem profitieren Vermögende, so Mayrs zweiter Beleg, von der Armut, denn ihr Reichtum gründet auf einer Einkommensungleichheit zu ihren Gunsten. Das liege, so Mayr, an einer ungerechten Steuerpolitik, vererbtem Reichtum und einem zu niedrigen Mindestlohn.

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