Im Kollektiv gegen die Gig-Economy

Das Verrückteste, das er mal transportieren musste, waren Organe. In einem luftdicht verschlossenen Container mit Aktivkühlung, vom Spenderzentrum in die Klinik. Und einmal vier dünne Glasscheiben von Zossen nach Treptow. „Der Transport war wahrscheinlich teurer als die Scheiben“, sagt Jérôme Lühr. Wenn er daran denkt, freut er sich immer noch: „Für mich war es toll, das Wetter war super, es war wie ein Ausflug aufs Land.“

Lühr beschleunigt jetzt, um die nächste Grünphase der Ampel an der Modersohnbrücke zu schaffen. Nach der jahrelangen Erfahrung als Kurier kennt er die Ampeln der Stadt. Er weiß, wann es sich noch lohnt, in die Pedale zu treten und wann nicht – und das sollte er auch. Auf dem Lastenrad aus Kopenhagen stapeln sich vorne und hinten Pakete, auch auf dem Anhänger. Bei so viel Gewicht muss man mit der Wadenkraft haushalten. Noch ist der Stapel nicht so hoch, dass Lühr sich strecken müsste, um darüber schauen zu können. Aber auch das ist schon vorgekommen. Der 36-Jährige wirft einen Blick nach hinten. „Würde sagen, heute sind es etwa 45 Kilo. Das ist wenig.“

Er und die anderen Kuriere des Kollektivs CCCC transportieren alles bis 150 Kilo mit dem Fahrrad. Fair bezahlt, emissionsfrei und ohne Hierarchien – das ist ihr Plan. Die Abkürzung steht für Crow Cycle Courier Collective, so haben sie sich bei der Gründung genannt, als sie keine Lust mehr auf die schlechten Arbeitsbedingungen in ihrer Branche hatten. Mit ihrer Agentur für nachhaltige Logistik – einem der wenigen Kollektive in dem Bereich – wollen sie es besser machen als die großen Start-ups der Gig-Economy.

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